Eine Einladung zum Nichtstun
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- Erstellt: 07. Oktober 2022
Business & People - Wirtschaftsmagazin, Ausgabe 36 / Oktober 2022
Business & People - Wirtschaftsmagazin, Ausgabe 36 / Oktober 2022
Bremervörder Zeitung 01.10.2022
Brandaktuelles Thema bei Arbeitgeber-Sitzung im Oste-Hotel: Kampf um Energie und Rohstoffe
Bremervörde. Ein geopolitisches Thema, das vor Jahren nur Experten elektrisiert hätte, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen: "Wie der Kampf um Energie und Rohstoffe die Weltwirtschaft und den regionalen Standortwettbewerb neu bestimmt." Diese Frage erörterte der Arbeitgeberverband Stade am 28. September 2022 im Oste-Hotel - mit einem renomierten Wissenschaftler.
Den ganzen Artikel, der in der Bremervörder Zeitung am 1. Oktober 2022 erschienen, können sie der pdf-Datei entnehmen:
2022-10-01_Es_geht_nur_mit_Innovation_-_Bremervörder_Zeitung.pdf
Von Rechtsanwalt Manfred v. Gizycki
Das Bundesarbeitsgericht sieht Arbeitgeber gemäß seinem Urteil vom 13. September 2022 in der Pflicht, Arbeitszeiten systematisch zu erfassen.
Dies begründete es mit Blick auf das sogenannte Stechuhrurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von 2019.
In der Verhandlung sagte die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, die den Vorsitz führte:
„Wenn man das deutsche Arbeitsschutzgesetz mit der Maßgabe des Europäischen Gerichtshofs auslegt, dann besteht bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung.“
Das BAG-Grundsatzurteil (1 ABR 22/21) wird weitreichende Auswirkungen auf die weit verbreiteten Vertrauensarbeitszeitmodelle bis hin zu mobiler Arbeit und Homeoffice haben, weil damit mehr Kontrolle nötig ist.
Nach dem Arbeitszeitgesetz müssen bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit.
Das Erfurter Gericht hatte über das sogenannte Initiativrecht der Betriebsräte zu entscheiden. Im vorliegenden Fall wollte ein Betriebsrat die Einführung eines elektronischen Systems zur Arbeitszeiterfassung auch gegen den Willen des Arbeitgebers durchsetzen, weil er angefallene Überstunden dokumentieren wollte. Dieses Initiativrecht hat das BAG nun zwar verneint, unter Beibehaltung seiner bisherigen Rechtsprechung, dies aber eben mit der bereits bestehenden Pflicht begründet.
Der Gesetzgeber steht damit nun unter Druck, das deutsche Arbeitszeitgesetz zeitnah den Vorgaben des EuGH anzupassen. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Im Dialog mit den Sozialpartnern prüfen wir, welchen Anpassungsbedarf wir angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Arbeitsrecht sehen. Dabei müssen flexible Arbeitszeitmodelle (zum Beispiel Vertrauensarbeitszeit) weiterhin möglich sein.“
Die Fünf wollen Helmut Dammann-Tamke (CDU), Petra Tiemann (SPD) und Kai Seefried (CDU) nachfolgen, die den Landkreis bisher in Hannover vertreten haben. Helmut Dammann-Tamke und Petra Tiemann beenden ihre Laufbahn. Kai Seefried ist im Herbst zum neuen Stader Landrat gewählt worden.
Eigentlich sollten sich acht Kandidaten den Fragen der Journalisten und der gut 60 Besucher der Podiumsdiskussion im Hotel Havenhostel stellen.
Die beiden Grünen-Direktkandidaten Britta Sanders und Sandra Deutschbein mussten die Teilnahme aber krankheitsbedingt absagen. Der FDP-Kandidat Kilian Würsig konnte berufsbedingt nicht dabei sein. Linke und AfD werden von den Mittelständlern traditionell nicht eingeladen. „Wir konzentrieren uns auf das breite Mittelfeld der Politik“, sagte der Stader Kreislandwirt Johann Knabbe.
Zwei oder drei Teilnehmer werden nach der Wahl am 9. Oktober dem Landtag angehören. Umfragen sagen in beiden Wahlkreisen eine knappe Entscheidung zwischen den Kandidaten von CDU und SPD voraus. Melanie Rost-Reinecke hat zudem als Nummer vier auf der CDU-Landesliste eine Chance, auch ohne Direktmandat in den Landtag einzuziehen.
Bei den Fragen zur Wirtschaft, zur Energiekrise, zum öffentlichen Personennahverkehr, zur stockenden Digitalisierung der Schulen, dem desolaten Mobilfunknetz, zum Bildungssystem oder zum Bürokratieabbau gab es inhaltlich zwischen den Kandidaten keine großen Unterschiede. „Wenn ich sie nicht kennen würde, könnte ich nicht sagen, von welcher Partei sie kommen“, sagte ein Zuhörer am Ende der Veranstaltung. Alle Kandidaten sind durch ihre berufliche und ihre kommunalpolitische Arbeit dicht an der Basis. Zwischenzeitlich konnten Zuhörer den Eindruck gewinnen, dass nur Abgeordnete der Opposition vertreten waren, obwohl vier der fünf Bewerber Parteien angehören, die die SPD/CDU-Landesregierung stellen.
Ein Schwerpunkt der Diskussion war die aktuelle Energiekrise mit den explodierenden Energiekosten. Alle wollen Hilfen für den Mittelstand und die Menschen. Aber: „Das Gießkannenprinzip, jeder bekommt ein bisschen, das hat schon bei Corona nicht funktioniert“, sagte Melanie Rost-Reinecke. „Wir haben die Sommerpause vertan, der Mittelstand weiß nicht, was kommt“, sagte ihre CDU-Kollegin Birgit Butter. „Ich wünsche mir ein großes Entlastungspaket für den Mittelstand“, sagte Matthias Mittlmejer.
Die Diskussion zur Krisenhilfe ging nahtlos in den Bürokratie-Abbau über. „Jeder verspricht Entbürokratisierung, aber es wird trotzdem immer schlimmer“, sagte die CDU-Kreisvorsitzende Melanie Rost-Reinecke. „Ich würde mich sechs Wochen mit dem Bundeskanzler einschließen und ihm erzählen, was alles wegkann“, bot die FDP-Kandidatin Esther Deppe-Becker an. SPD-Mann Mittlmejer konnte berichten, dass eine Planung in seiner Heimatgemeinde Ahlerstedt einkassiert wurde, weil die Planungsgrenze auf der falschen Seite einer Abgrenzungsmarkierung eines Windparks gesetzt worden war. „Das ist einfach ein Strich auf einer Landkarte, aber wenn man den immer weiter vergrößert, bekommt dieser Strich plötzlich auch eine Breite“, so Matthias Mittlmejer.
Zum Thema Bürokratieabbau konnten alle Kandidaten haarsträubende Geschichten erzählen und damit die Folgen von Bundes- und Landespolitik vor Ort aufzeigen.
„Hat Niedersachsen beim Ausbau der erneuerbaren Energien versagt?“, fragte TAGEBLATT-Chefredakteur Arno Schupp die Bewerber angesichts der vielleicht im kommenden Winter fehlenden Energie. Der Bund müsse durch seine Flächenvorgaben die Arbeit der Länder machen. „Bei jeder neuen Planung eines Windparks gründet sich eine Bürgerinitiative dagegen“, berichtete die stellvertretende Landrätin Birgit Butter aus der Praxis einer Kommunalpolitikerin. „Der Krieg in der Ukraine hat vieles verändert. Die Akzeptanz für den Ausbau der erneuerbaren Energien steigt“, stellte Matthias Mittlmejer fest.
Alle Kandidaten sprachen sich für den Ausbau von Solaranlagen auch auf Freiflächen aus. Die beiden CDU-Bewerberinnen allerdings mit der Einschränkung, dass diese Flächen nicht der landwirtschaftlichen Produktion verloren gehen. Da konnte sie allerdings die SPD-Frau Corinna Lange beruhigen. „Alle Anträge kommen von Landwirten“, sagte sie. In ihrer Heimatsamtgemeinde Fredenbeck gibt es aktuell mehrere Projekte für den großflächigen Aufbau von Solarflächen.
„Werden Sie die A 20 für eine neue Landesregierung mit den Grünen opfern?“, fragte Moderator Vasel die beiden SPD-Bewerber. „Ich habe meinen Job in Hamburg aufgegeben, weil die Fahrt durch den Elbtunnel aufgrund der ständigen Staus nicht mehr möglich war“, so Corinna Lange, die Region brauche Elbtunnel und die A 20. Die aktuellen Umfragen sagen eine mögliche rot-grüne Mehrheit bei deutlichen Verlusten für die SPD voraus.
„Was haben Sie als erste konkrete Maßnahme vor, wenn Sie in den Landtag einziehen?“, fragte Björn Vasel. „Ich würde mich erst einmal mit den Leuten aus der Wirtschaft zusammensetzen, um zu wissen, was die brauchen“, sagte Corinna Lage. Matthias Mittlmejer würde die Möglichkeit, Sonderzahlungen bis zu 3000 Euro den Beschäftigten steuerfrei zu zahlen, so gestalten, dass auch das Weihnachtsgeld dazuzählt. „Ich würde mich für die Abschaffung der Bon-Pflicht einsetzen“, sagte Birgit Butter. Esther Deppe-Becker will dafür sorgen, dass die N-Bank kostengünstig und schnell Geld für den Mittelstand in der aktuellen Krise bereitstellt.
Von Fachanwältin für Arbeitsrecht Anna Fischer
Laut einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 2022 zum Aktenzeichen 10 AZR 41/22 nicht. Der Entscheidung lag die Anwendung des Rahmentarifvertrages für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung zugrunde, dürfte aber auch auf alle übrigen tarifvertraglichen sowie individualrechtlichen Regelungen Anwendung finden, die die Zahlung eines Erschwerniszuschlags beinhalten.
Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger war bei der Beklagten als Reinigungskraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Regelungen des Rahmentarifvertrages für die gewerblich Beschäftigten in der Gebäudereinigung Anwendung. Dieser Rahmentarifvertrag sah die Zahlung eines Erschwerniszuschlages unter anderem dann vor, wenn die Arbeitnehmer mit persönlicher Schutzausrüstung arbeiten. Diese Regelung umfasste auch das Tragen einer vorgeschriebenen Atemschutzmaske. Der Kläger trug in der Zeit von August 2020 bis Mai 2021 auf Anweisung seines Arbeitgebers, die im Zusammenhang mit den Corona-Schutzmaßnahmen erfolgte, bei der Ausführung der Reinigungsarbeiten eine medizinische Gesichtsmaske. Er verlangte hierfür den tariflichen Erschwerniszuschlag und argumentierte, dass auch das Tragen einer medizinischen Gesichtsmaske bei der Arbeit eine Erschwernis darstelle, die durch den Erschwerniszuschlag abgegolten werden solle. Eine medizinische Gesichtsmaske sei als Teil der persönlichen Schutzausrüstung anzusehen, weil sie auch die Gefahr der eigenen Ansteckung verringere.
Sowohl die erste als auch die zweite Instanz wiesen die Klage ab. Die Revision des Klägers beim Bundesarbeitsgericht hatte keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht führte aus, dass eine medizinische Gesichtsmaske keine Atemschutzmaske im Sinne der tariflichen Regelung sei. Diese knüpfe insoweit an die maßgeblichen Vorschriften des Arbeitsschutzrechts an. Danach fällt unter den Begriff der Atemschutzmaske nur eine solche Maske, die vorrangig den Eigenschutz bezweckt und zu den sogenannten persönlichen Schutzausrüstungen gehört. Dies trifft auf medizinische Gesichtsmasken aber nicht zu. Diese bezweckt insbesondere einen Fremd-, aber keinen Eigenschutz, der den Anforderungen an eine persönliche Schutzausrüstung im Sinne der arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften genügt. Dementsprechend stehe dem Kläger kein Anspruch auf den tariflichen Erschwerniszuschlag zu.
Es dürfte zwar auf die konkreten Regelungen in Arbeitsverträgen und tariflichen Regelungen ankommen, jedoch kann im Grundsatz festgehalten werden, dass medizinische Gesichtsmasken nicht zur persönlichen Schutzausrüstung gehören und damit das Tragen nicht zuschlagspflichtig ist.