Manfred v. Gizycki

 

 

 

 

 

 

 

 Von Fachanwalt für Arbeitsrecht Manfred v. Gizycki

 

Ein Schlosser nutzte seinen privaten, öffentlich zugänglichen Facebook-Account kurz nach dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023, um zu fragen, wann die nächste Demonstration „gegen Juden“ in NRW stattfinden werde. Außerdem leitete er ein Video weiter, das zeigte, wie ein Flugzeug aus Israel in Dagestan landete und von einer wütenden Menge erwartet wurde. Gezielt wurden Israelis aus dem Flugzeug gezogen und teils schwer verletzt. Die Gewalttäter bezeichnete er als „Ehrenmänner“.

Die persönlichen Angaben des Accounts ließen erkennen, bei welchem Unternehmen er seit 2017 beschäftigt war, nämlich der Rechtsnachfolgerin der früheren Arbeitgeberin mit fast identischem Namen. Über Umwege (die Bildzeitung hatte wegen der Posts angefragt) erfuhr sein Arbeitgeber davon und kündigte dem Mann fristlos. Seine Kündigungsschutzklage war sowohl vor dem ArbG Oberhausen als auch vor dem LAG Düsseldorf (Urteil vom 08.10.2024 – 3 SLa 313/24) erfolgreich.

Die Düsseldorfer Richter bejahten zwar eine schwere Pflichtverletzung nach § 626 Abs. 1 BGB aus dem Arbeitsvertrag, weil die Äußerungen auf Facebook geeignet waren, dem Ansehen der Arbeitgeberin zu schaden. Vor einer Kündigung hätte der Schlosser allerdings abgemahnt werden müssen:

Der Schwerpunkt der arbeitsrechtlichen Pflichtverletzung sei der klare Bezug zum Arbeitgeber: Auf der Facebook-Seite war eindeutig zu erkennen, bei welcher Firma der Schlosser arbeitete. Dadurch falle die Billigung von Gewalt auch auf den Arbeitgeber zurück. Dieser Umstand begründet dem LAG zufolge den schwerwiegenden Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht, weil der Arbeitnehmer das Unternehmen der Gefahr einer erheblichen Rufschädigung aussetzt. In der Presseanfrage hatte sich diese Gefahr bereits realisiert.

Im Rahmen der Abwägung der Interessen sah das LAG die vom Kläger zu verantwortende Pflichtverletzung als fahrlässig an. Die Arbeitsplatzangabe sei bereits sechs Jahre alt gewesen und im Rahmen der Rechtsnachfolge nicht angepasst worden. Nach einem Hinweis habe der Schlosser die Information über den Arbeitgeber auch umgehend gelöscht. Daraus lasse sich schließen, dass eine Abmahnung zur Änderung seines Verhaltens geführt hätte (seine Meinung künftig ohne Bezug zum Arbeitgeber zu äußern). Grundsätzlich habe sich der Arbeitnehmer privat äußern dürfen. Dabei spiele es keine Rolle, ob er etwa den Straftatbestand der Volksverhetzung nach § 130 StGB erfüllt habe. Das LAG stellte klar, dass solche privaten Äußerungen nicht sanktioniert werden könnten.

Selbst wenn die Äußerungen ein „außerordentlich grenzwertiges Verhältnis zu menschlichem Leben, körperlicher Unversehrtheit und Gewalt im Allgemeinen und zu jüdischen bzw. israelischen Menschen im Besonderen” widerspiegelten, habe kein vorsätzliches Handeln im Hinblick auf die relevante arbeitsvertragliche Pflichtverletzung vorgelegen.

 

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